von Christoph Scholz
Beim vorliegenden Artikel
handelt es sich um den ersten Teil der Schriftlichen Hausarbeit im Rahmen der
Ersten Staatsprüfung, unter Begutachtung von Frau Prof. Dr. Bredel, vorgelegt
von Christoph Scholz am 17.12.2008 an der Universität Köln.
Im Laufe der nächsten
Wochen wird die Arbeit komplett erscheinen.
Teil II finden Sie hier, Teil
III erscheint voraussichtlich am 14.8.2012.
1.
Einleitung
Innerhalb des Unterrichtsgeschehens werden Kinder und
Jugendliche mit verschiedenen Textformen konfrontiert. Deshalb ist neben der
Förderung des sprachlichen Lernen und des Schreibens das Lesen und Verstehen
von Texten ein Ziel des Deutschunterrichts in der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt
Lernen (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen
(1977), S.6). Die Förderschüler und -schülerinnen sollen z.B. in allen Stufen
den Umgang mit Comics lernen (Ministerium für Schule und Weiterbildung des
Landes Nordrhein-Westfalen (1977), S.94ff). Comics haben eine hohe Bedeutung in
der Kinder- und Jugendliteratur. So hatte das wöchentliche Magazin Mickey Maus
nach Dolle Weinkauff (2002, S.507) eine Auflage von über einer Millionen
gedruckten Exemplaren. Auch die japanische Form der Comics, Mangas, wird immer
beliebter in den verschiedenen Alterstufen. Hierbei wird aber eine eher
negative Haltung gegen diese Textform geäußert. So soll die Einseitigkeit und
Übertreibung der Trivialliteratur in den Stufen 7 und 9 durchschaut werden. Eine
eigenständige und wertfreie Bearbeitung mit den spezifischen Besonderheiten der
Comics wird dabei nicht angedacht, obwohl sie sogar als Teil der Aufgaben oder
Aufgabenstellungen in Schulbüchern auftauchen. Daher wird der Comic hier in
einer sprachwissenschaftlicher Perspektive betrachtet werden. Im Rahmen dieser
Arbeit wird sich auf die Rolle der Deixis im Comic beschränkt.
Zunächst soll die allgemeine Referenz von
sprachlichen Ausdrücken beschrieben werden. Sie ist in Äußerungen verankert und
braucht bestimmte Bedingungen des Gelingens, um auf bestimmte Situationen,
Dinge, Orte oder Zeiten zu referieren. Daraufhin soll die Deixis in das Konzept
der Referenz integriert werden. In den verschiedenen Dimensionen, Entfernungsstufen
und Modi der Deixis soll dabei den Vorstellungen von Fricke (2007) entsprochen
werden. Anhand der Definition von Texten wird dann die Funktion der Deixis als
Mittel der Erzeugung von Kohäsion und Kohärenz erläutert. Danach soll geklärt werden, wie die Deixis diese
Funktion in der spezifischen Textform Comic ausübt. Hierfür wird erst eine
allgemeinen Definition erarbeitet. Im Folgenden werden die verschiedenen Ebenen
der doppelten Hybridisierung nach Packard (2006, S.84ff) beschrieben. Dazu
gehören das Einzelbild, die Sequenz, die Schrift und die jeweiligen Verhältnisse
untereinander. Die Differenzierungen aus verschiedenen Werken von McCloud
ermöglicht hier ein ausreichend weites Verständnis der Vielfalt. Die
spezifische Darstellung der für die Deixis bedeutsamen Dimensionen Person, Raum
und Zeit fordert dabei unterschiedliche Leistungen von dem Leser. Danach werden
anhand spezifischer Beispiele die Kohäsion und Kohärenz durch die Deixis
beschrieben. Da sich das Comic hat als literarische Form von der Kinder- und Jugendliteratur
emanzipiert hat, werden hier auch Beispiele aus der Erwachsenenliteratur
verwendet, um Sachverhalte zu illustrieren. Auf dieser Grundlage soll erkannt
werden, ob sich die Funktion der Deixis in Comic-Texte durch die sequenzierten
Einzelbilder von der in anderen schriftlichen Texten unterscheidet.
2. Theorie
der Deixis
Die Deixis ist Teil eines Prozess, in dem sprachliche
Ausdrücke sowie bildliche, gestische und weitere Zeichen auf eine gegebene
Situation verweisen, also der Referenz (Vater (2005), S.17). Um also die
Grundlagen der Deixis zu beschreiben, sollen sie in das Konzept der Referenz
eingebettet werden.
2.1
Referenz
Nach Vater (2005, S.11) ist Referenz ein zentraler
Bestandteil der menschlichen Kommunikation, da Sprache nicht seiner selbst
willen da sei, sondern den Menschen dazu diene, „Gefühle, beobachtbare
Sachverhalte, Wünsche, Versprechen, Anordnungen etc. auszudrücken“ (Vater
(1986), S.1). Linke, Nussbaumer und Portmann (2004, S.185) beschreiben Wörter
zwischen Semantik und Pragmatik. Dementsprechend haben sprachliche Ausdrücke
einen lexikalischen Aspekt, der die Eigenschaften der Objekte beschreibt, die
durch einen Ausdruck bezeichnet werden. Er bestimmt die Möglichkeit, auf
spezifische Gegenstände zu weisen. Nach Vater (2005, S.14) haben Wörter ein Referenzpotential.
Der kontextgebundenen pragmatischen Anteil beschreibt die Bedeutung in der Kommunikationssituation.
Vater (2005, S.14) verwendet für diese beiden Aspekte die Bezeichnungen
Begriffsbezug und Objektbezug, unter den die Referenz fällt. Das Wort ‚Haus’ hat
so einen bestimmten lexikalischen Inhalt und kann sich auf alle existierende
und denkbaren Häuser beziehen. Es ist ein referentieller Ausdruck (Thrane
(1980) nach Vater (1986), S.7), der in einem Sprechakt referieren, d.h. auf
etwas verweisen, kann. Aber erst der Sprecher referiert in einer konkreten
Situation auf etwas (Fricke (2007), S.89). Frege (1892) demonstriert die
Bedeutung der Referenz nach Vater (2005, S.14) an einem weiteren Beispiel:
„Der Sieger von Austerlitz ist der Sieger von Austerlitz.Der Sieger von Austerlitz ist der Verlierer von Waterloo.“ (Vater (2005), S.14)
In Gegensatz zu dem ersten Satz, der immer wahr ist,
setzt der zweite Satz voraus, dass dieselbe Person sowohl der Sieger von
Austerlitz sowie der Verlierer von Waterloo sei, um wahr zu sein. Beide
Bezeichnungen sagen dabei nicht das Gleiche aus, beziehen sich aber gemeinsam
auf die Person Napoleon Bonaparte. Das bedeutet, dass bestimmte Gegebenheiten
erfüllt werden müssen, um die Referenz glücken zu lassen.
In Bezug auf die Referenz kann daher die Bedeutung im
Sprechakt, die Bedingungen für das Gelingen und die Formen betrachtet werden
2.1.1
Referenz im Sprechakt
Nach Vater (2005, S.48) beschreibt Searle (1965) vier
verschiedene Handlungen des Sprechaktes, die gleichzeitig vollzogen werden:
- der Äußerungsakt
- der propositionale Akt
- der illokutive Akt
- der perlokutive Akt
Alle vier Bereiche beschreiben einen Aspekt in einer
sprachlichen Handlung mit einer spezifischen Bedeutung. So erläutert der
Äußerungsakt die „formal-instrumentale Seite“ (Vater (2005), S.48). In einer
Sprechhandlung wird das Sprechorgan benutzt, um Phoneme intentional zu
produzieren und zu verbinden. Die bloße Produktion von Geräuschen, wie z.B. bei
einem Husten, soll dem entgegengestellt werden. Im illokutive und perlokutive
Akt wird dagegen der Zweck einer sprachlichen Handlung beachtet. Der illokutive
Akt bestimmt die Funktion der sprachlichen Äußerung als Frage, Aufforderung und
weiteres. Sager (1980, S.139) setzt dem illokutiven Akt jedoch einen
interlokutiven Akt vorraus. Im interlokutiven Akt werden die spezifischen
syntaktisch-semantischen Strukturen einer Feststellung, Aufforderung, etc…
verortet, die weitgehend situationsunabhängig bestimmbar sind. So kann die Feststellung
‚Du hast die schlechteste Klausur geschrieben.’ Eines Lehrers verschieden
interpretiert werden:
- repräsentativ Aussage: Es soll lediglich die Informationen über einen Sachverhalt vermittelt werden.
- direktive Aussage: Durch die getroffene Feststellung soll jemand zu einer bestimmten Handlung veranlasst werden.
- commissive Aussage: Es soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Sprecher eine bestimmte Handlung vollziehen wird.
- expressive Aussage: Es soll z.B. Bedauern oder Verzweiflung ausgedrückt werden.
- deklarative Aussage: Der Schüler wird als Klassenschlechtester oder ähnliches deklariert
Weitergehende Zielsetzungen, wie z.B. Überzeugung und
Beleidigung, werden im perlokutiven Akt beschrieben. So ist der Satz ‚Bist du
ein Idiot?’ auf der Ebene des illokutiven Aktes eine Frage, auf der Ebene des
perlokutiven Aktes eine Beleidigung. Referenz und Prädikationen finden im propositionale
Akt statt. Proposition ist nach Eisenberg (2006, S.11) die Bedeutung eines aus
Verben und Nomen gebildeten Satzes. Nomen nehmen dabei Bezug auf Dinge und
andere nominal, Verben auf Vorgänge und andere verbal benennbare Entitäten, d.h., Nomen referieren
und Verben prädizieren. Dementsprechend können Sätze wahr oder falsch sein. Nach
Linke et al. (2004, S.212) gibt es auch Sprechakte ohne Proposition, wie z.B.
‚Hallo!’.
2.1.2
Bedingungen für das Gelingen von Referenz
Da sprachliche Äußerungen in verschiedenen Situation
gebraucht werden können und dabei auch unterschiedliche Funktionen erfüllen,
beschreiben Linke et al. (2004, S.220) die Theorie der konversationelle
Implikatur von Grice (1975), die ein Rahmenkonzept bildet, um die Erfüllung der
Funktionen in der Kommunikationssituation zu ermöglichen. Die konversationelle
Implikatur ist „ein vom Produzenten in einer bestimmten kommunikativen
Verwendung an eine bestimmte Äußerung geknüpfter, aber nicht ausgedrückter
Sinn, den es zu erschließen gilt“ (Linke et al. (2004), S.222). Die
Grundannahme ist, dass Kommunikation ein kooperatives Handeln sei, bei dem die
Kommunikationspartner gemeinsam ein Interesse für das Gelingen hätten. Deshalb
würden sie sich entsprechend von vier Konversationsmaximen verhalten:
- Maxime der der Quantität
- Maxime der Qualität
- Maxime der Relation
- Maxime der Modalität
Neben der Grundlage, dass man einen gemeinsamen Code,
also eine gemeinsame Sprache (Fricke (2007), S.1), für eine glückende
Kommunikation verwenden sollte, werden verschiedene Bedingungen erläutert. Man
solle das Notwendige sagen (Maxime der Quantität), den Wahrscheinlichkeitsgrad
des Gesagten signalisieren (Maxime der Qualität) und auf die Relevanz achten
soll (Maxime der Relation). So wird die Kommunikation gestört, wenn man auf die
Frage nach einer Telefonnummer nur 3 Zahlen nennt, die Geschichte des Telefons
schildert oder unvermittelt Ironie verwendet. Die Maxime der Modalität bestimmt
die Art und Weise sowie die Klarheit des Gesagten. Das Einhalten oder
Ignorieren der Maximen ermöglicht oder erschwert das Zustandekommen der
konversationellen Implikatur.
Ausgehend von den allgemeinen Bedingungen gibt es
nach Searle (1969) (nach Vater (2005), S.50) besondere Bedingungen, sog.
Axiome, für Referenz. Ein erfolgreicher Referenzakt benötige bestimmte
Präsuppositionen, d.h. Vorraussetzungen (Vater (1986), S.12) So müsse das
Referierte nach dem Existenzaxiom existieren. Dieses Axiom wird jedoch dadurch relativiert, dass man sowohl
auf den Weihnachtsmann, der in der Realität nicht existiert, als auch auf einen
ehrlichen Finder, der noch nicht existiert, referieren kann. So können
Referenzobjekte auch in vergangenen, zukünftigen und alternativen Welten
verortet sein. Diewald (1991, S.64f)
erläutert dazu, dass das Denotat, also das Objekt, auf das referiert wird, in
irgendeinen Raum, ob potentiell oder tatsächlich, lokalisierbar sein soll und
das potentielle Räume analog zu tatsächlichen Räumen verwendet werden könnten.
Nach Vater (2005, S.69) meint Jackendorf (1983) sogar, dass man nicht auf die
reale, sondern nur auf eine projizierte Welt referieren könne, da erst das
Bewusstsein die wahrgenommenen Gestalten nach der Gestaltpsychologie schaffen
würde. So werden vier Punkte in einer bestimmten Anordnung zu einem Viereck und
aus Einzelbildern in einem Trickfilm eine Bewegung. Das Identitätsaxiom
ermögliche es nach Vater (2005, S.50), dass Synonyme, Hyperonyme und
Paraphrasen für einen Ausdruck mit gleicher Referenz verwendet werden können. Es
besagt, wenn eine Aussage über ein Objekt wahr sei, so wäre die identische
Aussage über dieses Objekt auch wahr, egal welcher Ausdruck verwendet wird. Das
dritte Axiom ist das Identifikationsaxiom: man soll nur auf ein spezifisches
Objekt referieren, das von dem Sprecher eindeutig identifiziert wird. Dies
führt jedoch bei pluralischer Referenz und bei Referenz von Kollektiva zu
Schwierigkeiten. Vater (2005, S.51) stellt dieses an Beispielen von Reis (1977)
dar:
-
Der
Hagel hat den Roggen geknickt.
-
Das
Vieh wird gezählt.
-
Der
Feind kam diesmal von links.
Außerdem gebe es Referenz, die nicht eindeutig zu
identifizieren sei, wie z.B. der Arm. So kann sich die Aussage ‚Mein Arm tut weh!’ sowohl auf
den rechten, als auch auf den linken Arm beziehen, was erst durch den außersprachlichen
Kontext bestimmt wird.
2.1.3
Formen der Referenz
Referenz lässt sich nach Vater (2005, S. 71f) in verschiedene Referenzbereichen aufteilen:
- Situationsreferenz
- Dingreferenz
- Ortsreferenz
- Zeitreferenz
Weitere Referenzbereiche, die jedoch nur im geringen
Maße behandelt wären, sind die Eigenschaftsreferenz, die sich durch z.B. Adjektive
auf eine Eigenschaft bezieht, die Modalitätsreferenz, die die Art und Weise
eines Vorgangs darstellt (z.B. ‚Vielleicht
fahre ich nach Hause’), und die Quantitätsreferenz, die die Quantität eines
Objekts oder eines Vorgangs darstellt (z.B. ‚Der Fisch war so groß’).
Die Situationsreferenz ist die übergeordnete
Referenzform. Die Grundannahme ist, dass ein Satz gewöhnlich auf eine Situation
referiere. Die Situation kann sowohl ein Zustand sein, der durch die relative
zeitliche Stabilität von wesentlichen Merkmalen gekennzeichnet ist, als auch
ein Ereignis sein. Ereignisse haben einen raum-zeitlichen Charakter, d.h., sie
sind mit Wahrnehmungsverben und Zeitausdrücken verbindbar (Vater (2005), S.81).
Ein Ereignis, das nicht intentional vollzogen wird, ist ein Prozess. So
verweist der Satz ‚Ich sitze auf einem Stuhl.’ auf einen Zustand, der Satz ‚Ich
sitze drei Stunden.’ auf ein Ereignis. Nach Vater (2005, S.77) definiert
Kutschera (1967) Sätze sogar so eng, dass lediglich sprachliche Einheiten, die
referieren und wahr oder falsch sein können, Sätze seien. Die Illokution ‚Aussage’
bestimme also die Satzhaftigkeit.
Die Dingreferenz als die klassische Referenz
referiert dagegen nicht auf Zustände
oder Ereignisse, sondern auf Dinge im weiteren Sinne, wie z.B. auf die
Adjektivabstrakta Klugheit und Schönheit, oder Personen. Die Ortsreferenz kann
sowohl die Position eines Dings oder einer Situation, als auch die Richtung
einer Bewegung von einem Ort zu einem anderen angeben. Die zeitlichen Relationen
zwischen Situationen werden durch die Zeitreferenz geäußert. Dazu können die
Tempora der Verben, Temporaladverbien, wie z.B. heute oder morgen, und
Temporalsätze, d.h., lexikalisch komplexe Ausdrücke wie z.B. ‚in fünf Minuten’,
verwendet werden.
Eine weitere Trennlinie zwischen den Formen der
Referenz ist die Unterteilung in definite und indefinite Referenz. Hier wird
gefragt, ob es ein einzelnes, definierbares Referenzobjekt gibt, oder ob ein
Ausdruck auf mehrere Dinge verweisen kann. Der Satz ‚Ein Reiher fliegt jeden
Tag um sechs Uhr über das Haus.’ sagt z.B. durch den indefiniten, d.h.
unbestimmten, Artikel ‚ein’ lediglich etwas über die Anzahl und den Typ von
Lebewesen aus, die um sechs Uhr über das Haus fliegen. Es lässt sich nicht
erkennen, ob es jedes Mal ein anderer oder lediglich ein und derselbe Reiher
ist. Erst der weitere Satz ‚Dieser nistet im Gebiet des Schlosses.’ definiert
dies genauer. Herbermann (1988) beschreibt nach Lenz (1997, S.43) die
Definitheit als eine Form der Referenz, die durch die Verwendung des
betreffenden Ausdrucks die Voraussetzbarkeit des Referenten als aktueller
Kommunikationsgegenstand signalisiert.
2.2 Deixis
Nach Fricke (2007, S. 17) nimmt Karl Bühler eine
bedeutende Position in der Deixisforschung ein. In Bezug auf die Deixis als
spezifische Form der Referenz beschreibt Bühler (1999, S.79) die Zeigegeste des
Menschen. Er vergleicht sie mit einem Wegweiser an einer Wegverzweigung, der seine
Funktion erfüllt, wenn er in seinem Zeigefeld richtig steht. Daraus entwickelt
Bühler (1999, S.81) eine Zweifelderlehre, in der er zwischen sog. Nennwörtern,
die als Symbole in einem Symbolfeld fungieren, von Zeigwörtern, die als
Zeighilfen im Zeigfeld verwendet werden, unterscheidet. Vor diesem Hintergrund stellt er die Frage
nach der Funktionsweise von Zeigwörter, wie z.B. ‚hier’ und ‚dort’.
In der Verbindung von einer Zeigegeste mit
Zeigwörtern zeige der Sprecher in einem Sprechakt nicht nur eine bestimmte
Position in seinem Zeigefeld, sondern spiele auch eine Rolle, die ihm als
Sender von dem Empfänger unterscheidet. Wenzel (2007, S.110) schreibt, dass das
Deuten von Signifikanten nicht nur eine abstrahierende Erkenntnisleistung sei,
sondern immer auch die körperliche Inbezugsetzung eines Subjekts mit einem
Objekt wäre. Daher ist Deixis nach Sennholz (1985, S.1) ein zweiseitiges
Phänomen, bei dem beide Seiten untrennbar miteinander verbunden sind. Sie erfülle
zwei Grundvoraussetzungen, sog. Axiome:
- Situationsaxiom
- Relationsaxiom
Nach dem Situationsaxiom ist Deixis ein Phänomen,
dass in besonderer Weise an die Äußerungssituation gebunden ist. Jede
sprachliche Äußerung sei jedoch letztlich in einer Kommunikationssituation
verankert. Das Relationsaxiom sagt aus, dass die Grundstruktur der Deixis eine
zweistellige, gerichtete Relation ist. So definiert Sennholz (1985, S.7) Deixis
als eine Eigenschaft der Sprache, mittels bestimmter Ausdrücke, Sachverhalte
ausgehend von einem Ausgangspunkt
gerichtet zu lokalisieren. Der Ausgangspunkt ist durch den Ort, die Zeit und
den Träger der Äußerung in der Äußerungssituation verankert ist. Nach Fricke
(2007, S.91) sei es sogar eine dreistellige Relation zwischen einem
Ausgangspunkt, einem Relatum und dem Zielpunkt, wobei das Relatum mit dem
Ausgangspunkt zusammenfallen kann. So fallen bestimmte Aussagen, wie z.B. ‚Die
Schere liegt rechts vom Telefon.’, die Vater (2005, S.124) unter die Intrinsik
fasst, in den Bereich der Deixis. Durch die Vorstellung der gerichtete Relation
kann auf das Zeigekonzept von Bühler (1999) verzichtet werden. Das Zeigen als
Geste gibt nur bei einem lokalen Verweisen, um die Richtung der Deixisrelation
anzuzeigen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es einen demonstrierenden
und einen reflexiven Bezug gibt. Im Rahmen der Referenz definiert Herbermann
(1988) Deixis als
„die definite und Identifizierbarkeit gewährende Referenz auf bestimmte (lokale, temporale, personale o.a.) Gegebenheiten vermittels solcher (z.T. durch Gesten unterstützter) sprachlichen Ausdrücke, die die betreffenden Gegebenheiten in (ausschließlicher) Abhängigkeit von den jeweils entsprechenden Faktoren der Befindlichkeit des Äußerungsträgers zum Zeitpunkt der Äußerung bezeichnen.“ (Herbermann (1988), nach Lenz (1997, S.47))
Ohne eine sprachlich manifestierten Bezug zum Ort,
zur Zeit oder zum Träger der betreffenden Äußerung wäre demnach eine Aussage nach
Sennholz (1985, S.4) adeiktisch, auch wenn sie einen Sachverhalt lokalisiert.
Dem steht aber die implizite Deixis entgegen(Fricke (2007), S.88), in der
Deiktika elliptisch ausgelassen werden.
2.2.1 Die
Origo
Der Ausgangspunkt der Deixis wird von Bühler Origo
genannt (Bühler (1999), S.102). Sie ist der Koordinatenausgangspunkt eines
Koordinatensystems der subjektiven Orientierung, in dessen Zentrum die
Zeigwörter ‚hier’, ‚jetzt’ und ‚ich’ stehen. Daher ist die Origo der
unabdingbare Bezugspunkt der kontextgebundenen gerichteten Relation (Diewald
(1991), S.27) mit einer Augenblicksmarke, einer Ortsmarke und einer Sendermarke.
Auch wenn Bühler (1999) die naiven Sprechpartner beschreibt, die die richtige
Verwendung dieser Marken gelernt hätten, verweist Sennholz (1985, S.7) auf
Probleme beim Gebrauch der Deikitika, also der Wörter, die eine Deixis
ermöglichen. So kann das Wort ‚hier’ auf verschiedene Arten interpretiert
werden. Entweder wird damit auf die nähere Umgebung des Sprechers, eine Stadt,
ein Land oder sogar die gesamte Erde
verwiesen (Bühler (1999), S.100). Eine genaue Bestimmung von ‚jetzt’ ist
auch schwierig. Daher sei die Origo ein Konzept, dass sich nicht unmittelbar
empirisch feststellen lässt, aber physikalische Korrelate in der Äußerungssituation
aufweist. Das Deixisobjekt, das in Relation zu der Origo steht, verhält sich
ebenso. Der Ausgangspunkt der Deixis, die Origo, ist also nicht gleichzusetzen
mit den deixistheoretisch neutralen Begriffen Äußerungsort, Äußerungszeit und
Äußerungsträger. Nach Sennholz (1985, S.4) gibt es eine Relationsebene, die als
Folie auf der Ebene der Äußerungsebene liegt. Die Origo hat hierbei eine sog.
Gelenkfunktion, die beide Ebenen miteinander verbindet. Nach Diewald (1991,
S.26) sei diese Trennung zwischen Relations- und Situationsaspekt für eine
theoretische Analyse deiktischer Prozesse hilfreich, jedoch nur wenig an
sprachlichen Gegebenheiten orientiert. Er widerspricht einer Vorstellung, in
der die Origo lediglich die Verbindung der der Relationsebene und dem Kontext
erzeuge, sondern sieht sie als Zentrum und Bestandteil des Kontextes. So würde
Lyon (1983) nach Diewald (1991), S.26) mit der Beschreibung der optischen
Wahrnehmung die enge Verknüpfung der Gerichtetheit der Relation und einem
konkreten Sachverhalt illustrieren.
„Der Proze[ss] der Wahrnehmung ist also offenkundig ebenfalls eine gerichtete Relation und der Ausgangspunkt der Wahrnehmung ist notwendig das wahrnehmende Subjekt. Versteht man nun, wie es hier geschehen soll, die gerichtete Relation des deiktischen Prozesses als sprachliches Analogon der visuellen Wahrnehmung, dann folgt, da[ss] der Ausgangspunkt der Deixis immer der aktuelle Sprecher, der Zielpunkt ein Element des außersprachlichen Kontextes sein mu[ss].“ (Diewald (1991), S.26)
Die Origo sei durch den angeborenen Egozentrismus in
der Sprecherrolle verankert (Diewald (1991), S.28) und wird nicht erst durch
den Gebrauch von Deiktika installiert (Diewald (1991), S.33). Dementsprechend
wäre die Trennung nicht notwendig. Mit der starken Sprecherzentriertheit
entspricht dies jedoch nach Fricke (2007, S.17) den angloamerikanischen
Deixistheorien, die eine Versetzung in andere Entitäten kaum berücksichtigen
würden. In Bezug auf die Instanziierung der deiktischen Relation wird die Beweglichkeit
der Origo in Verhältnis zu einem Relatum von Fricke (2007, S.100) an einer
Situation dargestellt: Ein Sprecher will einem Adressaten die Position einer
Zange beschreiben. Als Orientierungspunkte gibt es, neben dem Sprecher und dem
Adressaten, ein Auto und den Zuschauer Otto. Sie differenziert dabei anhand der Verortung
der Origo in eine sprecherbezogene, eine adressatenbezogene und eine
drittbezogene Lokalisation, bei denen das Relatum entweder gleich oder ungleich
der Origo ist. Fallen Relatum und Origo zusammen, handele es sich um eine
Zweipunkt-, ansonsten um eine Dreipunktlokalisation.
Abbildung 1 (Fricke (2007), S.100) |
(1) Die Zange liegt links vom Auto. (Origo:
Sprecher, Relatum: Auto, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(2) Die Zange liegt vor dem Auto. (Origo: Adressat,
Relatum: Auto, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(3) Die Zange liegt rechts vom Auto.
(Origo: Otto, Relatum: Auto, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(4) Die Zange liegt vor mir. (Origo:
Sprecher, Relatum: Sprecher, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(5) Die Zange liegt vor dir. (Origo:
Adressat, Relatum: Adressat, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(6) Die Zange liegt hinter dem Auto.
(Origo: Auto, Relatum: Auto, Deixisobjekt: Zangenbereich)
(7) Die Zange liegt vor Otto. (Origo: Otto,
Relatum: Otto, Deixisobjekt: Zangenbereich)
Außerdem wird durch die Sprecherzentriertheit der
Fokus zu stark auf die Deixis im Wahrnehmungsraum gesetzt. In den Modi der
Deixis soll jedoch beschrieben werden, dass dies nur einem Teil der Deixis
entspricht.
2.2.2
deiktische Dimensionen
Die drei Grundzeigewörter ‚hier’ , ‚jetzt’ und ‚ich’ (Bühler
(1999), S.107) in dem Koordinatenausgangspunkt Origo zeigen drei verschiedene
Dimensionen. Sie unterscheiden die Deixis in eine Lokal-, Temporal- und
Personaldeixis und verbindet sie nach Diewald (1991, S.31) mit den
grundlegenden Elementen des Kontextes. Diewald (1991, S.143ff) beschreibt neben
diesen drei Dimensionen noch zwei weitere: die objektale und die modale
Dimension.
In der objektale Dimension werden existierende oder
imaginierte Gegenstände beschrieben, die nicht die Kommunikationspartner sind. Sie
unterscheidet hier zwischen dem Sender, dem ‚ich’, und dem Empfänger, dem ‚du’,
in einer Kommunikation und der Funktion der dritten Person (Diewald (1991),
S.208ff). Für eine dritte Rolle sei in einem Dialog kein Platz, weshalb sie sich
nicht ohne Probleme zu den anderen beiden Rollen der Personaldeixis integrieren
lässt. Die Demonstriva ‚dieser’, ‚jener’ und ‚dér’ könnten auch nicht der
lokalen Dimension zugeordnet werden, da sie Entitäten, nicht Orte beschreiben
würden. Entitäten nehmen jedoch auch einen bestimmten, abgegrenzten Raum ein
(Fricke (2007), S.83). Daher könne man
die objektale und lokale Dimension zu zwei verschiedenen Arten der Abgrenzung
der Lokaldeixis vereinigen.
Im Gegensatz zu den anderen Dimensionen, die
Einzelbestandteile eines Sachverhalts (Diewald (1991), S.238) anzuzeigen,
stelle die modale Dimension den Grad der Faktizität dar. Diewald (1991, S.242)
kontrastiert die beiden Sätze ‚Sie geht in die Stadt.’ und ‚Vielleicht geht sie
in die Stadt.’. Es liegt hier jedoch keine Referenz vor. Im Kontext des Sprechaktes
sollten diese Sätze daher auf den Ebenen des interlokutiven, des illokutiven
und des perlokutiven Aktes beobachtet werden und entsprechen deshalb nicht der
Deixis. Eine andere Form der modalen Deixis beschreibt Herbermann (1988) nach
Fricke (2007, S.75). Sie bezieht sich auf die Art und Weise von Vorgängen,
Abläufen und weiterem. Das Wort ‚so’ wird hierbei mit einer Geste oder einem
Objekt, auf das gezeigt wird, obligatorisch verbunden. Deshalb kann die modale
Deixis jedoch auch als Verweis auf z.B. eine Geste gelten (Fricke (2007),
S.77f). Sie lässt sich daher als qualitative Deixis in die Lokaldeixis
einordnen.
„Bei der qualitativen Deixis […] zeigt der Sprecher nicht direkt auf die Entitäten selbst […], sondern auf Entitäten, die über diejenige Eigenschaften verfügen, auf die der Sprecher mit seiner verbalen Äußerung referiert.“ (Fricke (2007), S.98)
Aus den geschilderten Gründen sollen hier im weiteren
Verlauf nur die lokale, temporale und personale Dimension beachtet werden.
2.2.3
Entfernungs- und Abgrenzungsstufen
Neben der reflexiven Bestimmung der Origo wird in dem
deiktischen Prozess das Deixisobjekt, also das Objekt, auf das verwiesen wird,
in Bezug zur Origo verortet. Das Deixisobjekt kann daher nur relativ zu dem
Sprecher beschrieben werden. Dementsprechend unterscheidet Sennholz (1985, S.7)
innerhalb der Deixis die Autodeixis und die Heterodeixis. In der Autodeixis
fallen Origo und Deixisobjekt zusammen, sie ist also origoinklusiv. Hier ist es
von besonderer Bedeutung, dass die Autodeixis nicht die Origo darstellt. So
bezeichnen z.B. ‚hier’, ‚jetzt’ und ‚wir’ lediglich lokale, temporale oder
personale Bereiche, in denen die Origo enthalten ist (Sennholz (1985), S.18).
In der Heterodeixis fallen Origo und Deixisobjekt nicht zusammen, sie ist also
origoexklusiv. Neben diesem binären Modell gehen nach Diewald (1991, S.133)
einige Autoren von einem ternären Modell aus, das mit dem Beispiel ‚hier’, ‚da’
und ‚dort’ dargestellt wird. Entsprechend der Terminologie von Rauh (1984)
entspricht ‚hier’ der Stufe ‚Kodierungsort’, ‚ ‚da’ der Stufe ‚in Verbindung
mit dem Kodierungsort’ und ‚dort’ der Stufe ‚nicht in Verbindung mit dem Kodierungsort’. Diewald (1991, S.154ff)
definiert ‚da’ jedoch als lokales Archideiktikon, das sowohl origoinklusiv und
origoeklusiv verwendet werden kann. Fricke (2007, S.93) verweist außerdem auf
die Wortbildung. So gebe es nur die abgeleiteten Adjektive hiesig und dortig.
Außerdem könne man auch mit den Demonstriva ‚dieser’, ‚jener’ und ‚dér’, die
eine Dreiteilung indizieren sollen, lediglich die Komposita ‚diesseits’ und ‚jenseits’
bilden. Ein ‚derseits’ gibt es nicht.
Zusätzlich zu dem Gegensatz ‚origoinklusiv’ und
‚origoexklusiv’ gibt es nach Fricke (2007, S.94) einen Gegensatz in den
Abgrenzungsstufen, also in der Art, wie abgegrenzt das Deixisobjekt ist. Sie werden
mit den Entfernungsstufen kreuzklassifiziert.
- die Bereichsdeixis
- die Entitätsdeixis
Durch die Bereichsdeixis wird auf einen vagen Raum-,
Zeit- oder Personenbereich gewiesen. So können mit dem Wort ‚hier’ verschiedene
lokale Nahbereiche umfasst werden. Außerdem weisen sog. nicht-metrische
Deiktika bezüglich der Zeit auf einen Zeitraum, der nicht klar umgrenzt werden
kann. Auch die Pluralformen ‚wir’ und ‚ihr’ können unterschiedliche Mengen von
Personen beschreiben. Die Entitätsdeixis weist dagegen auf ein klar umgrenztes
Deixisobjekt. So kann das Deiktikon ‚ich’ je nach Sprecher eine andere Person darstelle,
trotzdem bleibt es bei lediglich einer Person.
Außerdem gibt es nach Fricke (2007, S.102), im
Gegensatz zur statischen Bereichsdeixis, ein dynamisches Zeigen auf die
Richtung einer Bewegung. So kann eine Bewegung als zu der Origo hin- oder von
der Origo wegführend definiert werden.
Zusammenfassend können die Formen der Deixis in einer
Tabelle veranschaulicht werden:
Dimensionen
|
Lokaldeixis
|
Temporaldeixis
|
Personaldeixis
|
|||
Abgegrenzungsstufen
|
Entfernungsstufen
|
|||||
Origo-
inklusiv
|
Origo-
exklusiv
|
Origo-
inklusiv
|
Origo-
exklusiv
|
Origo-
inklusiv
|
Origo-
ex-klusiv
|
|
Bereichsdeixis (Origo=
Relatum)
|
hier
|
da
|
jetzt
Präsens
|
einst, später
Präteritum, Futur I, Perfekt
|
wir
|
ihr, Sie
|
Bereichsdeixis (Origo≠
Relatum)
|
hüben
|
drüben
|
⁄
|
Plusquam-perfekt,
Futur II
|
⁄
|
⁄
|
links, rechts, vorn, vor,
hinten, hinter
|
vor, nach
|
|||||
Entitätendeixis
|
dieser
|
jener
|
heute
|
morgen, gestern
|
ich
|
du, Sie
|
Wegdeixis
|
her, kommen, holen
|
hin, gehen, bringen
|
(von gestern her)
|
(zum Abend hin)
|
⁄
|
⁄
|
geradeaus
|
||||||
Qualitative Deixis
|
so, solch-
|
⁄
|
⁄
|
⁄
|
⁄
|
Tabelle 1 (nach Fricke (2007), S.99)
2.2.4
Zeigmodi der Deixis
Bühler (1999, S.80) unterscheidet verschiedene Modi
der Deixis. „Zu unterscheiden ist also von der demonstratio ad oculos [,] die
Anaphora und die Deixis am Phantasma.“ (Bühler (1999), S.123). Zunächst sollen
die demonastratio ad oculos und die Deixis am Phantasma voneinander
unterschieden werden.
Rauh (1978, S.109) unterscheidet hierbei in ein für
jeden Beobachter optisch und akustisch identifizierbares sachliches Zeigfeld
und in ein Zeigfeld ohne optische und akustische Identifizierbarkeit. Dementsprechend
wird die demonstratio ad oculos in einer situationsgebunden Äußerung verwendet,
um auf wahrnehmbare Entitäten zu weisen, die sich im gemeinsamen
Wahrnehmungsfeld der Kommunikationspartner befinden. Fricke (2007, S. 124)
nennt sie Deixis am Nichtzeichenraum. Wenn aber Entitäten von einem Interpreten
für andere Entitäten stehend interpretiert werden, liegt eine Deixis am
Zeichenraum (Fricke (2007), S.123f) vor, in der Terminologie von Bühler (1999)
die Deixis am Phantasma. Sie wird von Bühler (1999, S.134) in drei Arten
aufgeteilt. So kann die erste Art dadurch beschrieben werden, dass das
Vorgestellte in die angegebene Wahrnehmungsordnung hinein geholt werde. Das
Vorgestellte werde durch die Deiktika so lokalisiert, als ob es tatsächlich
wäre (Diewald (1991), S. 112). Nach Bühler (1999, S.137) werde das präsente
Körpertastbild mit einer korrespondierenden optischen Phantasieszene verknüpft.
So kann ein Sprecher die Vorstellung eines Hauses als Gesprächsthema einsetzen,
um auf bestimmte Teile zu deuten. Die Beobachtungsposition der
Gesprächsteilnehmer verändert sich dabei nicht. Nach Bredel (2001, S.10) kann
dazu das szenische Präsens verwendet werden, um eine situationsbedingte
Übereinstimmung der Perspektiven von Sprecher und Hörer zu gewährleisten.
Die zweite Art der Deixis am Phantasma wäre die
Versetzung in einen vorgestellten Raum. Die Origo als Orientierungszentrum
wandert mit dem Körpertastbild in einen Vorstellungsraum, aus dem heraus
Deixisobjekte in den drei Dimensionen lokalisiert werden.
"Man ist nach einem charakteristischen Erlebnisvorspiel oder unvermittelt und plötzlich in der Vorstellung an den geographischen Ort des Vorgestellten, man hat das Vorgestellte vor dem geistigen Auge von einem bestimmten Aufnahmestandpunkt aus, den man angeben kann und an dem man sich befindet in der Vorstellung." (Bühler (1999), S.135)
Dies wird durch eine Abbildung von Bredel (2001, S.6)
dargestellt.
Abbildung 2 (nach Bredel (2001), S.6) |
Das origoverschiebende Verfahren beschreibt Rehbein
(1989) nach Bredel (2001, S.5) als Erzählen. Es wird durch sprachliche Mittel
erzeugt. So zeigt das narrative Präteritum eine Versetzung an, da der
Sprechzeitpunkt von der Betrachtzeit getrennt wird.
Die dritte Art steht zwischen den anderen beiden. In
ihr wird der Fall geschildert, in dem auf eine Entität gezeigt wird, die
momentan nicht sichtbar ist. So können Studenten in einem Hörsaal in die Richtung
des Stephansdoms deuten, ohne ihn wahrzunehmen (Bühler (1999), S.135). Fricke
(2007, S.125) deutet derartige Deixis jedoch als Deixis am Nichtzeichenraum und
zählt sie zu der demonstratio ad oculos.
Die Abgrenzung zu der Anaphora verläuft nach Consten
(2004, S.5f) an zwei verschiedenen Definitionen entlang:
Definition 1: Anaphora entspricht der Anknüpfung an
Bekanntes. Bei einer Neueinführung spricht man von Deixis.
Definition 2: Referenz im textuellen Raum entspricht
der Anaphora. Referenz im nicht-textuellen
physischen Raum ist deiktisch.
Die erste Definition richtet sich an die Bekanntheit
im Diskurs, die zweite Definition an den Verweisraum. Die Eigenschaften, die
der Anaphora in den beiden Definitionen zugeschrieben werden, können unabhängig
auftreten (Consten (2004), S.9). So muss die die Referenz auf einen physisch
präsenten Referenten nicht immer neu eingeführt werden. Innerhalb des
Verweisraumes gibt es nach Fricke (2007, S.117) zwei Reflexionsstufen. Sie
beschreibt die beiden Stufen der Objektdeixis und der Metadeixis. In einem
weiteren Schritt wird die Anaphora, nach Fricke (2007, S.118) die Textphorik,
bestimmt. In der Objektdeixis wird direkt auf eine wahrnehmbare Entität oder
auf ein Zeichen für eine Entität gezeigt (Fricke (2007), S.117f). In der
Metadeixis wird auf die Äußerung selbst verwiesen. Vor diesem Hintergrund wird
die Textphorik als Kreuzklassifikation von Metadeixis und Deixis am Zeichenraum
verstanden. Wenn direkt auf eine Textpassage gezeigt wird, spricht man von
Textdeixis.
Reflexionsstufe
|
Zeigmodus
|
|
Deixis am Nichtzeichenraum
|
Deixis am Zeichenraum
|
|
Objektdeixis
|
(objektdeiktische) Deixis
am Nichtzeichenraum
|
(objektdeiktische) Deixis
am Nichtzeichenraum
|
Metadeixis
|
Textdeixis
|
Textphorik
|
Tabelle 2 (Fricke (2007), S.124)
So kann das Wort ‚diese’ deiktisch auf einen Namen im
Text zeigen, der selber auf ein Referenzobjekt deutet. Die Referenz erfolgt
also mittelbar über ein Antezedens (Fricke (2007), S.119). Es gibt hierbei eine
deiktische Relation (gestrichelter Pfeil) und eine Koreferenz (gestrichelter
Pfeil mit schwarzer Spitze), die von ‚diese’ ausgeht:
Abbildung 3 (nach Fricke (2007), S.119) |
Dies soll von der bloßen Koreferenz in der Textphorik
abgegrenzt werden. So können ein Name und das Wort ‚er’ auf dieselbe Person
referieren, ohne eine origorelative Beziehung aufzubauen:
Abbildung 4 (nach Fricke (2007), S.120) |
[Fortsetzung folgt]
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Teil II: Link
Teil III erscheint voraussichtlich am 14.8.2012
Latest Version: 24-07-2012, 17:00
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